Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit

Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit
Die Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit zu identifizieren, sie anzunehmen und ihnen so weniger Einfluss auf unser heutiges Leben zu geben, ist oft ein längerer Prozess.

Die erst Schwierigkeit liegt darin festzustellen, was man selbst als seelische Misshandlung empfunden hat. In meiner Arbeit, die sich vor Allem um frühkindliche Bindungsstörungen dreht, ist genau diese Frage, die erste, die sich stellt.

Wenn ein Kind unter widrigen Umständen aufwächst, vernachlässigt wird, oder keinen Platz in der Familie erhält, dann nimmt ein Kind dies erst einmal als unerschütterliche Realität wahr. Und es nimmt diese Umstände einfach so hin. Ein Kind hat ja auch keine andere Wahl. Erst im späteren Leben kann ein Mensch feststellen, dass irgendetwas nicht so richtig lief. Weil er bis dahin auch andere Erfahrungen gemacht, bzw. beobachtet hat. Und diese Erfahrungen einen Abdruck in seiner Wahrnehmung hinterlassen, dass es auch anders sein kann, als bisher erlebt.

Es kommt also langsam aber sicher zu einem immer größer werdenden inneren Konflikt. Auf der einen Seite steht die eigene Prägende Erfahrung, die man mit seinen Hauptbezugspersonen erlebt hat. Auf der anderen Seite stehen wage Gefühle und Sehnsüchte nach etwas anderem. Nach etwas, was eventuell allen anderen zusteht, einem selbst aber immer verwehrt wurde. Es entsteht das Gefühl von Ungerechtigkeit, von Neid und all das mobilisiert einen immer größer werdenden inneren Schmerz, der aber nicht klar zuzuordnen ist. Denn das was man früher erlebt hat, war ja normal.

Bei guter Innenschau kann man eventuell auch schon alleine drauf kommen, dass prägende Elemente in der eigenen Kindheit nicht ganz optimal waren. Es ist einfacher, wenn die kindlichen Erlebnisse drastisch waren und auffällig schlimm. Wenn es z. B. tätliche Gewalt gab innerhalb der Familie oder Vernachlässigung, die nach außen sichtbar wurde. (Und jemand hingeschaut hat.)Manchmal kann man auch eine echte Diagnose ableiten; PTBS zum Beispiel. Wenn es aber einen seelischen Missbrauch gab, ist dieser nicht immer leicht zu erkennen und als solcher zu identifizieren. Oft erlebe ich, dass Menschen zu mir kommen, die als erstes sagen: „Aber an meiner Familie kann es nicht gelegen haben, ich hatte eine tolle Kindheit“. Und nach und nach, sickern Emotionen durch, die etwas anderes sagen. Die Emotionen sagen eventuell: „Ich habe mich immer so alleine gefühlt“, oder „Ich habe nie dazu gehört“.

Ob das alleine schon als seelischer Missbrauch zu betiteln ist, kann ich Ihnen nicht genau sagen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass es sich lohnt ein solches Gefühl ernst zu nehmen.

Wenn ein Kind in einem für ihn wichtigen Entwicklungsschritt nicht die Unterstützung bekommt, die es braucht, kann man dann im weiteren Leben von Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit sprechen?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die Grenzen ganz individuell sind. Das der eine in der gleichen erlebten Situation später von einem Schmerz spricht und der andere nicht. Das der eine somatisiert, der andere nicht. Das einer darunter leidet, ein anderer es noch nicht einmal erwähnenswert findet.

Ein Missbrauch macht sich eben nicht fest an dem was war, sondern an dem wie es sich später ins Leben integriert. Und dort eben Symptome verursacht oder eben keine.

Unter diesem Blickwinkel muss ich auch erwähnen, dass nicht nur das subjektive Empfinden eines einzelnen Moments wichtig sind, sondern auch die Erfahrungen, die ein Mensch weiterfolgend in seinem Leben, mit diesen Umständen macht.

Wird jemandem also immer seine Glaubwürdigkeit genommen, wird ihm nicht geglaubt, er habe Hunger (als Säugling). Und später wird ihm nicht geglaubt er habe Schmerzen (mit 3 Jahren und einem Sturz aufs Knie), dann bildet sich schon eine Regelmäßigkeit im Umgang mit den kindlichen Bedürfnissen ab. Zieht sich dies konstant weiter durchs Leben, dann kann man später mit größerer Sicherheit von Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit ausgehen.

Wie können nun die Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit aussehen?

Dies ist genau so vielfältig, wie es Möglichkeiten diese anderen zuzufügen. Je nachdem was ein Mensch früh erlebt hat reagiert er mit anderen Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit. Jeder empfindet etwas anderes als verletzend. Und nicht immer ist es verständlich für denjenigen oder auch für sein Umfeld. Wenn z. B. jemand als Kind sehr eingeengt wurde in seinem Handlungsspielraum, dann ist es für denjenigen evtl. später ungeheuer wichtig Dinge aus eigener Motivation heraus zu machen. Klingt erst mal einfach. Ist es aber nicht, denn auch im Erwachsenenleben muss man sich Reglementierungen unterordnen. Ist das jedoch mit Abwehr belegt, denn man möchte sich ja nicht mehr so fühlen wie früher, dann wird es schwierig.

An diesen inneren Konflikten kann man die Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit erkennen. Wenn man den Konflikt erkennt. Oftmals sind die einzelnen Zustände jedoch so getrennt voneinander, dass eine Differenzierte Innenschau noch gar nicht möglich ist. Es entstehen Dissoziationen in unterschiedlicher Ausprägung. Die Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit und ihre Folgen werden dann auch auf eben subtile Weise spürbar. Es scheint in bestimmten Situationen so etwas zu geben, wie einen Missklang. Der immer wieder auftaucht und der einen schon das ganze Leben begleitet. Dies könnte ein Hinweis sein.

Weitere Hinweise auf Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit können sehr plötzlich auftauchende vehemente emotionale Ausbrüche sein. Sei es Wut, Trauer oder Angst vor der Angst. Ebenso wie Übermut, Übererregtheit oder Ohnmacht. Sind diese Emotionen so, als würden sie über einen kommen und wirken sie immer ein wenig überzogen, so kann man eventuell auch an die Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit denken.

Somatisierungen sind ein guter Hinweis auf Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit. Der Körper spaltet somatische Prozesse von emotionalen Hintergründen ab und lässt sie einfach krank werden.

Allerdings gibt es gute Möglichkeiten sich selbst wieder zu nähern. Wichtig zu wissen ist: „Sie sind nicht allein“. Ziemlich jeder von uns hat frühkindliche Entbehrungen zu verzeichnen, der eine mehr, der andere weniger. Oft sind sie unterschiedlich gelagert, aber sie sind da. Und daher herrscht ein tiefes Mitgefühl, bzw. Verständnis für die Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit.

Allein die Abwehr, ihnen auf die Spur kommen zu wollen und sich ihrer noch einmal anzunehmen, lässt Sie sich schlecht fühlen. Dies kann man ändern.

Die Folgen seelischer Misshandlung in der Kindheit sind gut zu integrieren und können mit den richtigen Traumatherapiemethoden gut behandelt werden.

Herzlich

Christini Hönig