Posttraumatische Belastungsstörung

Posttraumatische Belastungsstörung
In meinem letzten Blog habe ich über eine traumatische Situation berichtet. Heute möchte ich Ihnen etwas zur Entstehung von einer posttraumatischen Belastungsstörung schreiben.

In den letzten Jahren hat die Diskussion um die posttraumatische Belastungsstörung(PTBS) stark zu genommen. Immer häufiger wird die Diagnose einer PTBS gestellt, die Anzahl der PTBS Diagnosen hat sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt. Ausschlag gebend sind v. a. neurologische Erkenntnisse, die dazu geführt haben, dass eine bessere Differentialdiagnostik zu betrieben werden kann. Es ist noch nicht lange her, da wurden posttraumatischen Belastungsstörung schlicht und einfach nicht erkannt. Die Abgrenzung zu anderen psychologischen Krankheitsbildern ist dabei auch nicht sehr einfach, denn häufig gehen posttraumatische Belastungsstörungen mit Depressionen oder Ängsten einher und das belastende Ereignis rutscht in der Diagnostik in den Hintergrund.

Belastende Ereignisse werden oft schwer erinnert. Sie werden sehr zerstückelt und nicht immer in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang abgespeichert. Daher wirken sie oft sehr zusammenhangslos und scheinen daher wenig Glaubwürdig. In der Vergangenheit wurde das Hauptaugenmerkt meist auf die Symptomatik gerichtet und dann eher eine Angststörung oder eine Depression diagnostiziert. Das reicht jedoch bei Weitem nicht aus. Vor allem bei der Behandlung.

Man kann zwischen zwei Arten von Trauma unterscheiden, die erste beschreibt eine einzelne Lebenssituation, die ein ganz entscheidend einschneidendes Erlebnis darstellt, z. B. einen schweren Autounfall. Die zweite Art eines Traumas beschreibt die Entstehung über viele nicht ganz so intensiv einschneidende Erlebnisse, die sich in der Lebensgeschichte jedoch wiederholen und fortlaufend erlebt werden. Nicht jedes der Ereignisse muss dabei ein eigenes Trauma darstellen.

Zum Beispiel erlebt man in der frühen Kindheit eine Trennung der Eltern, folgend hat die Mutter viele neue Lebenspartner, es entwickelt sich jedoch keine stabile Beziehung. Das Kind erfährt erneut mehrere kleine Trennungen. In der Jugend zieht die erste große Liebe nach 6 Monaten in eine andere Stadt und es gibt nach 3 Jahren Ehe und einem Kind eine Scheidung. Keines der Erlebnisse ist eine lebensbedrohliche Situation mit Gewalteinwirkung. Eine posttraumatische Belastungsstörung kann dennoch entstehen durch die Häufigkeit ähnlicher Lebensereignisse. Wie im Beispiel gezeigt: es werden immer wieder Trennungen zu wichtigen Bezugsperson erlebt.

Wie kann es aber sein, das nicht jeder eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt? Drei Faktoren spielen hier eine wichtige Rolle:

  • Der erste wichtige Faktor beschreibt die persönliche Situation vor dem Trauma, bzw. vor und zwischen den belastenden Lebensereignissen. Je stabiler ein Mensch vor und zwischen den Ereignissen war, umso seltener wird eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt.
  • Der zweite wichtige Faktor ist die Art des Traumas selbst. War ich selbst betroffen oder nur ein Beobachter? Das ist hier eine entscheidende Frage. Gab es eine Gewalteinwirkung durch einen Täter oder habe ich einem anderen Menschen Gewalt angetan?
  • Der dritte wichtige Faktor ist die Art der Unterstützung nach dem Trauma. Eine akute Unterstützung reduziert das Risiko für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung deutlich. Jedoch kann es vorkommen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung auch noch Jahre nach dem Ereignis auftritt.

Die neurologischen Besonderheiten, die unter einem Trauma auftreten, bestehen v. a. erst einmal unter einer immensen Bereitstellung von Energie durch Stresshormone. Sie beeinträchtigen das Erleben und das Verhalten eines Menschen. Die Wahrnehmung der Zeit verändert sich. So werden häufig die traumatischen Ereignisse wie in Zeitlupe erlebt, dabei ging alles blitzschnell. Es kommt zu einer starken vegetativen Reaktion, es entsteht ein unkontrollierbares Zittern oder Schwitzen. Die Emotionen verstärken sich. Unter Umständen tritt eine emotionale Taubheit auf, um den Mensch vor einer Überlastung zu schützen, eine Dissoziation. Je jünger und unausgereifter der betroffene Mensch dabei ist, umso komplexer wird die Stressreaktion.

Dieser Stress ist eine normale Reaktion auf jedes belastende Ereignis!

Schwierig wird es, wenn der Stress nicht reguliert werden kann. Gibt es keine Aufklärung kurz nach dem Trauma, wie mit solch einer Situation umgegangen werden kann oder  welche Kurzmaßnahmen möglich sind, kann es sein, dass sich der Stress nicht abbaut. Der immense Stress setzt sich  im Betroffenen fest, es entsteht eine psychische Traumatisierung. Die Erinnerungen werden in kleine Einheiten zerteilt. Sie werden wie zersplittert abgespeichert. Es gibt  keine zusammenhängenden Erinnerungen mehr an die Situation. Dies ist der Grund warum ein Trauma lange Zeit unentdeckt bleiben kann. Eine weitere Besonderheit, kann auch die emotionale Unerreichbarkeit eines Traumas sein. Das traumatische Erlebnis wird wie hinter eine Glaswand gepackt und ist emotional und  gedanklich nicht zu erreichen.

Durch das Zersplittern oder Wegpacken einer traumatischen Situation wird man anfällig wird für Trigger. Das sind Auslöser, die einem plötzlich Zugang zu Bildern und Erinnerungen ermöglichen. Sie schicken einen zurück in die traumatische Situation. Und der Körper steht erneut unter dem gleichen Stress, den er schon einmal erlebt hat. Oft entsteht erst der Stress und der Betroffene weiß gar nicht was mit ihm los ist, bis sich Stück für Stück ein Erinnerungspuzzleteil zu dem nächsten Zusammensetzt.

Dieser Prozess ist oft sehr anstrengend und sehr verwirrend, da sich die Welt wie neu zusammensetzt. Erinnerungen rücken an eine neue Stelle und kriegen damit auch eine andere Bedeutung. Die Wahrnehmung der “Welt bisher“ wird oft stark verändert.

Eine kompetente Betreuung ist an dieser Stelle unerlässlich, damit nicht nur die Randsymptome behandelt werden,  die in den Vordergrund gerückt sind. Man kann sich Vorstellen, dass hier eine schlichte Behandlung durch z. B. Antidepressiva nicht ausreicht. Oder dass ein Hauptaugenmerk auf Schlaflosigkeit und deren Behandlung dem zu Grunde liegenden Thema nicht gerecht werden kann.

Wie Sie sehen ist die Erkennung und Behandlung von einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht ganz einfach. Ich finde es unerlässlich eine gute Aufklärung über Entstehung und die Wirkungsweise eines erlebten Traumas zu erhalten. Und ich werde an dieser Stelle sicherlich noch öfter weitere Informationen zu diesem Thema veröffentlichen.

Ihre Fragen beantworte ich jederzeit gerne.

Herzliche Grüße

Christini Hönig