Umgang mit Wut

Umgang mit Wut

Der Umgang mit Wut ist in der Tat nicht immer der einfachste. Wut ist ein Gefühl mit vielen Facetten und es findet auf verschiedenen Ebenen statt. Je nachdem wo man sich im Umgang mit Wut befindet ergeben sich unterschiedliche Ansätze. Diese möchte ich in diesem Blog veranschaulichen.

Was ist Wut?

Wut ist eine Abgrenzungsreaktion. Dabei gilt es zu beachten, dass es zwei Richtungen der Abgrenzung gibt. Die eine richtet sich nach außen. Ein äußerer Faktor soll mit dem eignen Ich nicht in Verbindung geraten. Ein Beispiel: Ihr Mann/Ihre Frau vergisst Ihren Geburtstag, Sie werden wütend auf ihn. Die Vergesslichkeit Ihres Mannes/Ihrer Frau soll mit Ihnen nichts zu tun haben. Aber an genau diesem Beispiel wird die Abgrenzung nach innen sichtbar. Sie fühlen sich übergangen, unwichtig, verletzt durch die Vergesslichkeit Ihres Mannes. Es bereitet Ihnen emotionale Schmerzen, es trifft Sie eventuell in Ihrer Unsicherheit im Bezug auf Ihre Beziehung. Oder auf Ihre Unsicherheit in Bezug auf Ihre Wichtigkeit für ihn/sie. Lesen zu Grenzen mehr im Blog: Grenzen respektieren.

Hier hilft die Wut nach außen, den Schmerz nach innen weniger stark zu fühlen. Wut ist also auch eine Abgrenzungsreaktion gegen die eigenen inneren neuralgischen Punkte. Gegen die Punkte, die einem schon immer weh getan haben. Dabei ist der vergessene Geburtstag nur ein Auslöser, der eigenen Schmerzen auf der Beziehungsebene antickt.

Jetzt sollte man beim Umgang mit Wut erkennen, an welchem Zeitpunkt der innere Schmerz entstanden ist.

Hierzu gibt es eine Faustregel; je früher ein Schmerz entstanden ist, umso größer fühlt er sich an.

Wenn Sie also merken, die Wut flutet Sie, nimmt Ihren ganzen Körper ein, es ist als würden Sie die Wut in jeder Faser spüren, dann ist es ein Gefühl, dass sehr früh in Ihrer Entwicklungsgeschichte entstanden ist. Je später Sie in ihrer Entwicklungsgeschichte Kontakt mit starken Gefühlen gemacht haben, umso lokalisierter sind diese im Körper zu fühlen. (Umgang mit Gefühlen).

Und hier beginnt auch schon eine Besonderheit im Umgang mit Wut. Fühlen Sie nichts als Wut, sind Sie also geflutet mit einem Gefühl, dann können Sie sich sicher sein, dass Sie sehr früh eine emotionale Überforderung erlebt haben, die Sie geprägt hat. In diesem Falle tun Sie, während Sie wütend sind, nichts. Das ist schwer und oft fast unaushaltbar. Aber Sie würden in diesem Zustand eine Reaktion zeigen, die sich von einer frühkindlichen Reaktion nicht sehr unterscheiden würde. Vielleicht fangen Sie an zu brüllen, oder zu treten und strampeln. Fakt ist jedoch, dass Sie im Umgang mit Wut keine reife Reaktion zeigen würden. Meine Empfehlung: lassen Sie die Wut durchlaufen, wenn Sie in der Lage dazu sind leiten Sie sie um. In Bewegung oder Brüllerei im Wald. Belasten Sie ihre Arme. Also machen Sie Liegestütz bis Ihnen die Arme platzen. Schmeißen Sie die schwersten Steine, die Sie finden können ins Meer. Hacken Sie Holz, nehmen Sie den Stechspaten und graben Sie 30 qm Boden um. Es ist alles erlaubt, solange es sich nicht gegen jemanden richtet. Auch nicht gegen Sie selbst!

Wie ist der Umgang mit Wut, wenn er im Körper klar zu lokalisieren ist?

Haben Sie das Gefühl, Sie spüren Ihre Wut nur im Bauch. Oder im Kopf oder in den Schultern. Und nicht wie o. g. überall, dann ist der Umgang mit Wut schon ein ganz anderer.

Hier kommt der Körper ins Spiel. Je nachdem wo die Wut im Körper lokalisiert ist, können unterschiedliche „Entwicklungsaufträge“ angenommen werden. Der Blog Gefühle im Körper spüren liefert weitere Informationen. Spürt man die Wut z. B. nur im Bauch, hat aber keine Möglichkeit diese nach außen sichtbar zu machen, dann könnte man sich fragen, woran das wohl liegt. Und ob es eventuell eine Weiterentwicklung im Umgang mit Wut geben soll.  Nämlich eine angemessene Ausdrucksform zu finden. Z. B. machen Sie Ihrem Mann/ihrer Frau klar, dass Sie der vergessenen Geburtstag verletzt hat und dass Sie sich etwas anderes wünschen und geben Sie ihm die Möglichkeit sich zu erklären und es wieder gut zu machen.

Ein anderer Entwicklungsauftrag könnte sein, sich nicht zu sehr fest zu beißen, am vergessenen Geburtstag. Oder das Gegenüber auch wahrzunehmen, denn es gibt bestimmt einen Grund, warum der Geburtstag vergessen wurde.

Sie merken hier geht es ganz klar um einzelne Themen, die in der eigenen Entwicklungsgeschichte noch nicht reifen konnten. Aber es gibt schon die Möglichkeit einen Teil der Wut als Spannungszustand im Inneren zu halten.

Ist dieser Punkt nachgereift, dann kann man einen weiteren Schritt gehen im Umgang mit Wut.

Als weiterer Schritt könnte es sein, dass man lernen soll die Wut einfach nur wahrzunehmen, sie zu registrieren, durchlaufen zu lassen und fertig. Ein großer Schritt in Richtung Gelassenheit, den wir uns fast alle wünschen. Weil damit die innere Sicherheit gewahrt ist und man mit dem Maß an Flexibilität reagieren kann, die einem in den Punkten davor noch unzugänglich ist. Aber man kann ja wie es in der Entwicklung eben so ist, nicht den dritten Schritt vor dem zweiten tun.

Sehen Sie den Umgang mit Wut als Prozess, beobachten Sie sich, auf welcher Ebene Sie sich gerade befinden und bleiben Sie dran.

Herzlich

Christini Hönig