Grenzen respektieren

Grenzen respektieren
Gerade in der Körpertraumatherapie bin ich mit dem Thema: Grenzen respektieren oft in Kontakt.

Viele meiner Klienten kommen und wollen sofort eine körperliche Behandlung, darauf bin ich ja spezialisiert und deswegen kommen sie ja zu mir. Und häufig schaue ich in fragende Gesichter, wenn ich nicht sofort körperliche Behandlungseinheiten anbiete.

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass v. a. bei frühkindlichen Traumatas, der körperlich gespeicherte Anteil der Traumatisierung sehr groß ist. Und ich bin auch der Meinung das, damit ein Trauma gut integriert werden kann, der Körper mit behandelt werden muss.

Jetzt kommt das ABER.

Ich kann den Körper nur mit behandeln, wenn ich die Grenzen respektieren kann, die meine Klienten mitbringen. Und wenn diese sich ihrer eigenen Grenzen nicht bewusst sind, dann muss ich ganz niederschwellig zu arbeiten beginnen, damit die Grenzen erst einmal wahrnehmbar werden.

Gerade in der frühen Kindheit ist es so einfach die Grenzen der Kinder zu überschreiten. Kinder haben, je nach Entwicklungsstadium, unterschiedliche Bedürfnisse sich auszudrücken oder sich zu zeigen. Sie haben auch die Bedürfnisse alleine zu sein, oder sich zurückziehen zu dürfen. Bei emotional nicht gut mitschwingenden Eltern werden diese Bedürfnisse gerne schnell übertreten.  Kinder werden funktionalisiert. Sie müssen sich in ihren Entwicklungsaufgaben zurückhalten oder diese stoppen, um die emotionale Versorgung oder Regulierung der Eltern sicher zu stellen.

So dürfen sich kleine Jungs nicht gegen ihre Mutter stellen, weil diese sonst so traurig wird. Oder kleine Mädchen dürfen nicht in Konkurrenz zu ihrer Mutter treten, weil diese sonst aggressiv ihnen gegenüber wird. Grenzen werden überschritten. Eltern können ihren Kindern nicht den Raum zur Verfügung stellen, den die Kinder bräuchten. Stattdessen besetzen sie ihn selber und leben ihre unerfüllten eigenen Bedürfnisse aus. Die Grenzen respektieren sie dabei nicht.

In der späteren Entwicklung kennzeichnet sich das bei den Kindern durch verminderte Wahrnehmung der eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Kinder beginnen sich über die Maße anzupassen und übernehmen eine Realität, die sich nicht zu der Ihrer Eltern abgrenzen darf. Sie suchen sich Partner, bei dem sie die alten erlernten Muster weiterleben ohne sich dahinter wahrzunehmen.

Beispiele:

Hat z. B. ein Junge gelernt seine Mutter zu schützen und ihr gegenüber keine Ansprüche geltend zu machen, dann verhält er sich in einer späteren Beziehung sicherlich auch erst einmal der Frau gegenüber anspruchslos. Und ist erst einmal nicht in der Lage wahrzunehmen wo seine eigenen Grenzen sind. Ebenso versucht eine Frau, die früher für ihren Vater aus der Prinzessinnenrolle nicht raus wachsen durfte um Gewalt zu vermeiden, im späteren Leben auch durch kindhaftes Verhalten Konflikte abzuhalten. Statt sich selbst zu verwirklichen.

Wenn ich nun als Therapeutin nicht dafür sorge, dass meine Klienten ihre inneren Prozesse wahrnehmen und in der Lage sind mir zu signalisieren, dass für sie irgendetwas falsch läuft, dann sollte ich mich in Körpertherapie zurückhalten. Denn sonst kann ich ihre Grenzen nicht respektieren. Und das wäre für die Behandlung fatal.

Wie können sich Grenzen anfühlen?

Grenzen fühlen kann man lernen. Häufig zeigen sie sich körperlich über die unterschiedlichsten Symptome. Luft anhalten, mit dem Körper immer weiter ausweichen, keinen Augenkontakt halten können, Bauchspannung, ständiges Lächeln, sind nur einige Symptome, an denen man wahrnehmen kann, dass man gerade das eigene Grenzen respektieren aus den Augen verloren hat. Auch wenn man sich wieder fühlt, wie ein Kind ist das ein Hinweis auf einen Grenzübertritt.

Die eigenen Grenzen kennen und die eigenen Grenzen respektieren halte ich für den ersten wichtigen Schritt in einer körperlich ausgerichteten Therapie. Dafür muss man in der Lage sein sich nach innen zu wenden, um leise vorhandene Zeichen von Grenzen wahrzunehmen.

Wenn man diese Grenzen respektieren kann, ist man schon einen großen Schritt weiter. Aber bis dahin heißt es wahrnehmen lernen und sich akzeptieren, wie man ist. Denn genau das ist der Prozess, der in der Kindheit unterbrochen wurde und der wieder aufgebaut werden kann.

Eigene Grenzen respektieren ist etwas wesentliches, versuchen Sie es doch mal.

Herzlich

Christini Hönig