Umgang mit Gefühlen

Umgang mit Gefühlen
Der Umgang mit Gefühlen wird in der Arbeit eines Psychologen häufig als eines der wichtigsten Elemente angesehen.  Auch in der Körperpsychotherapie ich finde es ganz gut, wenn mein Gegenüber in der Lage ist zu fühlen. Nur sind Gefühle häufig etwas trickreich. Sie sind meines Erachtens immer wahr, aber nicht immer real. Und das auseinander zu halten ist die Aufgabe, die sich einem stellt.

Nehmen wir zum Beispiel den Umgang mit unliebsamen Gefühlen. Wut, Trauer und Angst wären hier z. B. zu nennen. Diese Gefühle sind ebenso wichtig und vorhanden, wie alle schön konnotierten auch. Und wenn sie in der frühen Kindheit als überwältigend wahrgenommen wurden, dann versucht man oft sehr lange diese Gefühle nicht wahrzunehmen. Sie abzuspalten. Das gelingt selten.

Der Umgang mit Gefühlen ist eigentlich relativ einfach. Sie wollen nur eines. Gefühle wollen gefühlt werden. Nicht mehr und nicht weniger. Ob sie nun schön sind oder nicht ist dabei leider nur nebensächlich.

Sind Gefühle sehr stark, so kann man davon ausgehen, dass es entweder gerade ein sehr intensiver Moment im Leben ist. (Ich stehe vor dem Altar und er kommt nicht.) Oder das ein anderer eher unwichtiger Augenblick im jetzigen Leben eine Emotion wachrüttelt, die mich an eine eher extreme Situation erinnert. (Ich stehe schon wieder vor dem Altar und habe riesige Angst davor der Neue könnte auch nicht kommen.)

Viele Menschen, die zu mir kommen haben es mit der zweiten Form der Gefühle zu tun. Sie erleben eine auslösende Situation und werden überflutet von Gefühlen, die sie mal erlebt haben und die meistens eher unschön waren. Und jetzt besteht ihr Wunsch, diese unschönen Gefühle weghaben zu wollen. Sie versuchen alles um einen Umgang mit den Gefühlen hin zu kriegen. Und dabei steht im Vordergrund sie eigentlich gar nicht fühlen zu wollen.

Das ist ein Umgang mit Gefühlen, der auf Abwehr dieser baut. Die große Hoffnung ist sich nie wieder so fühlen zu müssen, wie gerade/eigentlich ja damals.

Es wäre also hilfreich erst einmal zu unterscheiden. Was an Gefühl ist wahr (jedes) und real (das gilt es zu überprüfen). Und welches intensive Gefühl besteht tatsächlich aus einem intensiven jetzigen Moment?

Ein altes schlimmes Gefühl zu integrieren ist oft ein schmerzhafter Prozess. Er ist desillusionierend und verlangt, dass man die eigene Abwehr aufgibt. Zum Beispiel wäre der Umgang mit Gefühlen wie frühkindliche Angst der, sie zuzulassen. Sich nicht streb gegen sie zu machen, sondern sie als Barometer zu nutzen, was gerade los ist und wo meine eigenen Unsicherheiten sitzen.

Nehmen wir das Altarbeispiel: Sie ist einmal versetzt worden und hat sich in Grund und Boden geschämt, weil alle es mitbekommen haben. Jetzt steht sie wieder da und hat natürlich Angst so etwas noch einmal zu erleben. Der Umgang mit Gefühlen wäre hier:  Stehen bleiben und einen Realitätscheck durchführen. So etwas wie: Ich warte noch 5 Minuten. Oder: Wollen wir mal sehen, ob er wirklich nicht kommt. Ein weiterer Umgang wäre zu merken, dass die Angst eine alte ist und sie die Sicherheit hat, der Neue Mann ist der Richtige und daher kommt er auch. Und die alte Angst darf noch einmal durchkommen. Sie darf aber auch wieder gehen.

Und das ist der Trick im Umgang mit Gefühlen, lässt man sie durchlaufen ohne jeglichen Widerstand, dann sind sie einfach nur da und dann auch wieder weg.  Nur das ist die wirklich hohe Kunst.

In der Arbeit mit dem Körper spielt der Umgang mit Gefühlen genau diese Rolle. Körperarbeit holt schnell Gefühle an die Oberfläche, dann sollte der Körper so durchgängig bleiben, wie möglich, damit diese auch wieder gehen können. Schafft man es diesen Prozess zu wiederholen wird die Flutung der Gefühle schnell weniger. Und es stellt sich die Möglichkeit dar, sie eben einfach nur zu fühlen.

Im Zusammenhang mit frühkindlichen Traumata ist der Umgang mit Gefühlen ebenso zu sehen. Die frühkindlichen Gefühle waren meistens existentiell bedrohend. Ein Kind versucht also sein Leben so auszurichten, diese Bedrohung nie wieder fühlen zu müssen und die eigenen Seismographen wittern irgendwann überall eine Bedrohung, egal ob sie nun da ist oder nicht. Sie erinnern sich: Gefühle sind wahr, aber nicht immer real.

Die Idee einer Veränderung liegt nicht darin, dem Seismographen zu sagen: Du lügst. Hier ist doch nichts los. Damit würde man sich ja nicht ernst nehmen und sich auch nicht annehmen. Die Idee wäre bei Ausschlag der Seismographen („Achtung: Bedrohung) ein weitere Kontrollinstanz einzuführen, die sozusagen einen Realitätscheck durchführt. Also, der den Ausschlag des Seismographen auf „alter  Ausschlag“ oder „neuer Ausschlag“ abfragt.  Dann gilt es durchlässig zu werden. Denn der alte Ausschlag läuft einfach noch einmal durch das körperliche System. Es gilt noch einmal den Adrenalinschub zu fühlen, den man früher gefühlt haben muss, ihn dort aber wahrscheinlich nicht wahrgenommen hat. Weil alles eben in ihm versunken ist. Und es gilt loszulassen von der Annahme dieser Adrenalinschub sei ein Abbild der Realität. Er ist nur so etwas wie ein Echo, von etwas sehr Altem.

Für die Durchlässigkeit ist der Körper gut zu nutzen. Es gibt so viele Therapiemethoden, die sich darum kümmern den Körper ausgeglichen und in Balance zu halten. Diese kämen hier zu tragen. Durchlässigkeit und der Abbau der Abwehr vor unangenehmen Gefühlen, die ein altes unschönes Echo auslösen.

Um den Umgang mit Gefühlen zu erleichtern ist es angebracht diese erst einmal zu fühlen. Es ist also wichtig sich darauf einzustellen, dass sie dazugehören. Sätze wie: „So etwas will ich aber nicht in meinem Leben haben“ gilt es aufzugeben. Das ist oft damit verbunden, die Opferrolle aufzugeben. Und sich raus ins echte Leben zu trauen. Kann man diese Haltung nicht einnehmen muss man sich fragen, was einem die Opferrolle noch bringt. Bekommt man darüber noch Schutz? Oder Aufmerksamkeit, die notwendig ist, um das schlimme Gefühl aushalten zu können? Oder ist es Angst vor dem Schritt in die Selbstverantwortung?

An dieser Stelle bietet der Umgang mit Gefühlen auf ganzer Strecke ehrlich mit sich sein zu können. Und bevor diese Fragen nicht geklärt sind, kann es auch nicht zu einer Integration der Emotionen kommen. Sie haben dann noch zu viel Nutzen und müssen dadurch aufrechterhalten werden.

Ich gebe zu das klingt alles ganz einfach, ist es aber nicht. Aber: Es ist zu lernen. Schließlich geht es beim Umgang mit den Gefühlen um einen eigenen inneren Anteil, der ohne „wenn und aber“ zu einem gehört.

Herzlich

Christini Hönig