Kognitive Ressourcen

kognitive Ressourcen
Heute möchte ich mich den kognitiven Ressourcen widmen. Kognitive Ressourcen oder gedankliche Ressourcen sind alle gedanklichen Hilfestellungen, die man in einer belastenden Situation nutzen kann.

Immer wieder erlebe ich, dass es Menschen leichter fällt bestimmte Gegebenheiten zu akzeptieren, wenn sie sie verstehen. Eine kognitive Ressource ist demnach das eigene Verständnis. Wenn man versteht, warum man in einer bestimmten Situation reagiert (egal ob emotional, körperlich oder auch im Verhalten), dann kann man durch den im Kopf entstandenen Abstand klarer und meist auch wohlwollender auf sich selbst blicken.

Ein Beispiel:

Eine Klientin dissoziiert in bestimmten Situationen, sie ist plötzlich nicht mehr ansprechbar und fühlt sich ganz von der Welt abgeschnitten. Dieser Vorgang bereitet ihr große Angst. Sie versteht nicht was passiert. Eine Erklärung, was Dissoziation ist und warum sie genau in diesem Moment auftritt und was sie auslöst, kann die Klientin beruhigen. Sie dissoziiert zwar weiter kann aber mit etwas mehr Abstand auf ihre Reaktion sehen. Und erkennt plötzlich eine Struktur. Immer wenn ich einen bestimmten Geruch in die Nase kriege, dann fühle ich mich wieder total überflutet mit schrecklichen Emotionen. Um die nicht aushalten zu müssen entferne ich mich lieber aus der Welt und fühle mich von der Welt abgeschnitten. Das ist zwar dissoziativ aber immerhin sicher. Sicher in so fern, als dass ich nicht mehr fühlen muss. Ich habe ein Überlaufventil, das in bestimmten Situationen gut funktioniert. Eine genauere Erläuterung zum Thema Dissoziation finden sie unter Trauma und Dissoziation. Die überflutenden Gefühle langsam aber sicher zu erkennen und diese einzuordnen und mit ihnen umgehen zu lernen ist dann eine weitere Aufgabe in der Therapie.

Weitere kognitive Ressourcen, in diesem Zusammenhang, wären in der Lage zu sein bestimmte Gefühle auf ihr Alter hin zu überprüfen. Sich also zu fragen: wie alt ist dieses Gefühl. Ist es jung oder ist es alt oder ist es uralt, war es schon immer da. Auch diese kognitive Ressource schafft eine Distanz zu dem eigenen Erleben. Es gibt die Möglichkeit die innere Wahrnehmung weiter zu strukturieren. Also eine gedankliche Struktur der eigenen Gefühle zu schaffen.

Wieder ein Beispiel:

Eine Klientin steckt in einer schwierigen Phase in ihrer Beziehung. Es gibt gefühlt nur noch Streit mit dem Partner. Es gibt keine Gemeinsamkeiten mehr, alles was je an Verbindung da war ist weg. Innerlich fühlt sie sich verraten und schlecht behandelt und ist wütend und fühlt sich so alleine. Jetzt kann sie sich fragen, welche der Gefühle sind denn jung und welche sind alt? Dabei erkennt sie, dass sich der Verrat, die Wut und die Einsamkeit schon ganz alt anfühlen. So als seien sie schon immer da gewesen. Das gibt Hinweis darauf, dass der Partner alte Verletzungen antriggert und sich alte mit jungen Gefühlen vermischen und ein großes Durcheinander entsteht. Genaueres dazu lesen Sie gerne in Bindungsstörung im Erwachsenenalter.

Weitere kognitive Ressourcen sehe ich in der Möglichkeit bestimmte innerlich automatisch ablaufende Prozesse zu erkennen und diese dann zu durchbrechen. Oft berichten mir Klienten über plötzlich auftretende körperliche Symptome. Eine plötzliche Migräne, schnell eintretendes starkes Herzklopfen ohne vorherige Belastung, spontane Durchfälle, um nur einige Beispiele zu nennen. Diese so spontan entstehenden Symptome haben meist einen Vorlauf, der jedoch häufig übersehen wird. Die kognitive Ressource ist hier, die Zusammenhänge zwischen den körperlichen und den emotionalen Prozessen zu finden. Dann kann ein inneres Barometer entwickelt werden in das man regulativ eingreifen kann, bevor es zu einer körperlichen Reaktion kommen muss.

Noch ein Beispiel:

Ein Klient kommt nach einem Autounfall mit starker Migräne zu mir. Seit dem Unfall hat er immer mal wieder starke Migräne Anfälle. Sie kommen nicht wenn er Auto fährt, sondern tauchen plötzlich auf. Ohne jeden erkennbaren Grund. Die kognitive Ressource ist also bisher noch unentwickelt. Im Verlauf stellt sich heraus, dass er eine körperliche Reaktion auf Stress zeigt, die stark an den Autounfall erinnert. Wenn es stressig wird, dann gibt es ein „Aufwallen“ im Körper, wie bei einer starken Schreckreaktion. Hier kann man die Entwicklung der Ressource schon gut erkennen. Im weiteren Verlauf erkennt der Klient, dass die Schreckreaktion ab einem bestimmten Level der Aufregung (Angst gepaart mit Ohnmacht) abläuft und dann die körperliche Reaktion in Form von Migräne abläuft.

Es geht also darum, den Level Angst und Ohnmacht klar zu erkennen und auch den Verlauf davor wahrzunehmen.  Dort gibt es dann die Möglichkeiten der Gegenregulation. Sich um Angst und Ohnmacht zu kümmern ist dann im weiteren Verlauf der Therapie notwendig.

Bei der Kombination von körperlichen Reaktionen empfehle ich immer auch den Körper mit zu behandeln. Denn gerade die Wahrnehmung des eigenen Körpers ist oft schwach ausgebildet. Und so viele körperliche Abläufe lassen sich besser über den Körper behandeln. Lesen Sie gerne dazu den Blog Was ist Körpertherapie? oder Körpererinnerungen nach Trauma.

Nun aber erst einmal genug zum Thema kognitive Ressourcen. Ich hoffe Sie konnten etwas mit dem Artikel anfangen und können sich Ihren eignen kognitiven Ressourcen etwas nähern.

Herzlich

Christini Hönig