Atemnot durch Sress

Atemnot durch Stress
Atemnot durch Stress kann man auch anders beschreiben, z. B.  „Und plötzlich bleibt die Luft weg“. Diese Reaktion des Körpers tritt vor allem dann auf, wenn Emotionen, die lange verdrängt wurden, mit großer Vehemenz an die Oberfläche drängen.

Plötzlich fühlt man etwas, was man lange nicht gefühlt hat. Es stockt einem der Atem. Sind die Stressoren zu stark, ausgelöst durch eine große äußerliche Belastung oder durch innere Prozesse, sind  bestimmte emotionale Bereiche nicht zugänglich. Man stumpft ab, um die Funktion aufrecht erhalten zu können.

Jedes Gefühl wird anfänglich weniger spürbar. Hält der Stress jedoch lange an, dann arbeitet der Körper entgegen der Funktionalität. Gefühle wollen gefühlt werden, sonst verstärken sie sich. Unterdrücken Sie z. B. immer ihre Angst, weil sie so unangenehm zu fühlen ist, dann wird sie größer. Registrieren sie z. B. in den kleinen alltäglichen Situationen, dass Sie Angst haben, dann muss sie gar nicht größer werden. Sie wird ja gefühlt.

Ich erlebe immer wieder das Menschen in bestimmten Situationen um Luft ringen. Sie haben Atemnot durch Stress.

Da ich meist an der Entstehungsgeschichte des Stresses und nicht so sehr am Auslöser arbeite, sind dies meist Situationen, die früh in der eigenen Entwicklungsgeschichte entstanden. Erst vor ein paar Tagen wurde einer Klientin bewusst, wie sehr sie sich von ihrer Mutter vernachlässigt fühlte. Das Gefühl der Einsamkeit, was lange verdrängt wurde, da es sonst nicht ausgehalten werden konnte, kam mit solch einer Intensität wieder, dass es meiner Klientin den Atem verschlug. Sie stand unter solchem Stress, dass die Bronchien zu gingen. Sie fing an zu giemen, es pfiff beim Atmen. Erst als sie sich dem Gefühl einer alles überlagernden Einsamkeit nähern konnte gingen die Bronchien wieder auf. Dafür fühlte sie die Einsamkeit, die sie schon lange mit sich herumtrug.

Ein anderer Klient begann immer zu husten, wenn er vom Krieg erzählte, bis ihm die Luft wegblieb. Auch hier kann man von Atemnot durch Stress sprechen, nur ging es um ein anderes Gefühl. Das sprechen über den Krieg brachte ihn in solche Angst, die er natürlich verdrängen musste, um als Kind überleben zu können, dass er so lange hustete bis er ohnmächtig wurde. Er war deshalb schon Zeit seines Lebens in unterschiedlichen Lungenkliniken. Erst als er sich der Angst schrittweise nähern konnte und sich auf die gefühlte Todesangst und die ständige Existenzbedrohung einlassen konnte, ließ der Husten etwas nach. Natürlich benötigte er zusätzliche therapeutische Maßnahmen, um mit dieser Situation leben zu können.

Ein etwas weniger drastisches Beispiel ist folgendes: Ein Klient ist bei mir, er hat keinen traumatischen Hintergrund, aber wenn er unter Druck gerät, dann wird er in seinem Handeln immer schneller und schneller. Er zieht keine Grenzen. In diesem Zustand bekommet er Atemnot durch Stress. Sein vorherrschender Gedanke ist: „Das schaff ich nicht auch noch“. Und schon wird die Luft weniger. Nun kann er ja nicht einfach aufhören zu denken. Um das Problem zu lösen, hat er begonnen sich bei dem Gedanken „das schaffe er nicht auch noch“ wahrzunehmen. Dann ging die Reise los.

Der Gedanke ließ ihn eine bestimmt Emotion nicht wahrnehmen, nämlich die Angst vor dem Versagen. In dem Moment, in dem er begann sich sein eigenes Scheitern zu erlauben und zu merken, dass es keine negativen Konsequenzen auslöste. (Er verlor nicht seinen Job und die Kollegen mochten ihn weiterhin) Ab diesem Moment war er in der Lage seine eigenen Leistungsgrenzen wahrzunehmen und diese von seiner Angst vor dem Versagen zu trennen. Die Atemnot durch Stress verschwand, dafür konnte er deutlicher fühlen, wo er überall Versagensängste hatte.

Atemnot durch Stress kann also ein Barometer sein, wie es um einen steht. Und anstatt die Atemnot, durch Stress induziert, weg zu inhalieren, sollte man sich eventuell fragen, was an Emotion gerade durchkommt.

Herzlich

Christini Hönig