Angst verrückt zu werden

Angst verrückt zu werden
Die Angst verrückt zu werden hat wohl jeder in seinem Leben schon einmal erlebt. Meist passiert es an Punkten im Leben, wo sich Dinge ändern sollen. Wo ein inneres Streben, ein Verlangen einsetzt eine Veränderung erreichen zu wollen, man aber noch nicht weiß wie.

Dann entsteht im Organismus eine Art Umorientierung, man beginnt anders auf Dinge zu reagieren, als noch Tage zuvor. (Ja, die innere Ausrichtung auf Veränderung, geht oft sehr schnell.) Plötzlich nerven eine Umstände, die Stunden vorher völlig egal waren. Z. B. der Kollege, der viermal am Tag rauchen geht und ganz selbstverständlich 20 Minuten mehr Pause macht als Sie selbst.

Ihr ganzes System geht also mit einem Thema schwanger, das es sonst einfach noch nicht wahrgenommen hat und das jetzt plötzlich aufbricht. Eventuell geht es darum, dass Sie es ungerecht finden, wenn ihr Kollege so viel mehr Pause er-raucht. Und eventuell wollten Sie schon immer mal den Mund aufmachen können, wenn Ihnen etwas quer sitzt.

Aber dann gilt es sich dem eigenen inneren Konflikt zu stellen. Es geht vermutlich gar nicht um den Kollegen, sondern eher darum, dass Sie richtig wütend mit sich sind, nicht in der Lage zu sein, den Mund aufzumachen. Plötzlich wird Ihnen bewusst, dass es Ihnen auch so geht, wenn Ihnen der Parkplatz vor der Nase weggeschnappt wird. Wenn Ihr Partner oder Ihre Partnerin Fernsehen sieht, während Sie Wäsche aufhängen. Wenn ein Kollege befördert wird, obwohl Sie schon länger im Betrieb sind und Sie eigentlich dran wären…

Die Angst verrückt zu werden kommt daher, dass diese Bewussteseinsschübe oft innerhalb von Stunden entstehen und plötzlich die gewohnte Regulation nicht mehr möglich ist. Plötzlich funktionieren Einstellungen nicht mehr, die Sie noch heute Morgen beruhigt haben. Sie werden hektisch, fühlen sich derangiert, müssen mit einer großen Aufgeregtheit klar kommen. Meist reagiert ihr Umfeld mit solchen lapidaren Aussagen, wie: „Na und“ oder „Was ist denn mit Dir heute los?“ Und plötzlich verlieren Sie den Halt unter den Füßen. Sie kennen sich nicht mehr mit sich aus.

Was hilft ist ein Gegenüber, dass ein tiefes Verständnis zu Ihrer Situation entwickeln kann, was empathisch ist und was Sie nicht wertet. Eventuell kennen Sie solch einen Menschen.

Aber ob Sie jemanden haben der Sie versteht oder nicht; wichtig zu wissen ist, das ist eine normale Reaktion. Jemand der wirklich im klassischen Sinne verrückt werden würde, würde diese Situation nicht bemerken. Er hätte nämlich keine Angst verrückt zu werden.

Also ist die Angst verrückt zu werden der beste Indikator dafür, dass Sie es nicht werden.

Nehmen Sie es mit Humor, wenn Gelassenheit nicht mehr geht. Der orientierungslose Zustand verändert sich genauso schnell wieder wie er kam. Bald wissen Sie was Sie machen wollen, bald haben Sie sich durch Ihre Abwehrmechanismen gearbeitet und können eine neue innere Ordnung schaffen. Und wer weiß, vielleicht fällt es Ihnen ja bald gar nicht mehr so schwer etwas zu sagen, wenn es Ihnen mal stinkt.

Die Angst verrückt zu werden ist nur ein vorübergehender Zustand, der Ihnen zeigt, dass sich etwas verändert. Und das ist doch hoffnungsvoll.

Herzlich

Christini Hönig